Panama Papers und Anonyme Klageführung in den USA

Panama Papers und Anonyme Klageführung in den USA

Kann man in den USA klagen, ohne seine Identität preiszugeben und was hat das mit den Panama Papers zu tun?


Muss man als Partei eines Gerichtsverfahrens seine Identität offenbaren? Wenn ja, inwieweit ist das Bestreiten eines anonymen Verfahrens möglich? Und wenn das doch möglich ist, wie kann das Gericht die Sache dann überhaupt einschätzen, geschweige denn der Beklagte, wenn er nicht weiß wer der Kläger ist? In den USA ist das zumindest bis zu einem gewissen Grad möglich.

Anlass ist eine erste Entscheidung des District Court (Landgericht) des Staates New York, wo mehrere Anträge des mutmaßlichen Whistleblowers der Panama Papers in einem Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland und das Bundeskriminalamt zurückgewiesen wurden, da dieser weder die Klage nach amerikanischem Recht zustellen, noch seine Identität dem Gericht offenlegen wollte, aus Angst vor Verfolgung.

Geschichte der Panama Papers

Bei den Panama Papers handelt es sich um von der Kanzlei Mossack Fonseca geleakten Dokumenten über Briefkastenfirmen, die zur Verschleierung von Geschäften einflussreicher Personen gedient haben aufgedeckt wurden. Somit konnte Geldwäsche, Steuerhinterziehung und weitere illegale Geschäfte ermittelt und diesen Menschen zugeordnet werden. Dies führte u.a. zu Steuernachzahlungen auf der ganzen Welt in Milliardenhöhe und zum Rücktritt der Premierminister von Island und Pakistan.

Worum geht es nun in dem Verfahren?

Der Kläger, der unter dem Pseudonym John Doe auftritt, gibt an, dass er der Whistleblower der Panama Papers sei und mit Deutschland einen Deal abgeschlossen habe, indem er Deutschland die Panama Papers aus erster Hand zur Verfügung stelle und hierfür u.a. an den Steuerrückzahlungen in Höhe von 10% beteiligt werde. Allerdings möchte er nicht öffentlich und unter Offenlegung seiner Person klagen, aus Furcht von Betroffenen verfolgt und belangt zu werden. Insofern geht es zum jetzigen Zeitpunkt insbesondere darum, ob der Kläger anonym auftreten kann.

Möglichkeit einer anonymen Verfahrensbeteiligung

Genau wie in Deutschland sieht das amerikanische Rechtssystem vor, dass der Kläger eindeutig identifizierbar auftritt. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es hier jedoch auch Ausnahmen. So ist es nach amerikanischem Richterrecht unter bestimmten Voraussetzungen möglich, dass eine Partei, idR. der Kläger, anonym auftritt und nur dem Gericht seine Identität offenlegt. Jedoch ist dies nach bisheriger gerichtlicher Praxis auch zwingende Voraussetzung. Grund hierfür ist, dass eine Überprüfung des Wahrheitsgehalts der klägerisch geltend gemachten Tatsachen in engem Zusammenhang mit seiner Identität steht und auch der Anreiz des Klägers Falschbehauptungen aufzustellen deutlich herabgesetzt werden, da dieser im Falle seiner gesicherten Anonymität nicht vor rechtlicher Verfolgung Angst haben muss.

Jedoch weigert sich John Doe zu diesem Zeitpunkt diese Form der Anonymität zu wählen.

Ausblick aufs weitere Verfahren

Wie geht es nun weiter? Das Gericht gibt zu erkennen, dass es Sympathien für den Wunsch des Klägers hegt vollständig anonym fortzufahren. Auch schließt es zum jetzigen Zeitpunkt nicht vollständig aus, dass ein solches Verfahren auch rechtlich möglich ist. Maßgeblich ist jedoch, dass die Bundesrepublik Deutschland die Gelegenheit bekommt, dazu Stellung zu nehmen.

Dies ist nur möglich, wenn der Kläger die Klage ordnungsgemäß zustellt, was er ebenfalls aus Sicherheitsbedenken nicht auf dem vorgeschriebenen Weg getan hat. Die Vereinigten Staaten schreiben bei der Zustellung im Ausland und im Speziellen ggü. anderen Staaten und offiziellen Behörden genau vor, wie eine Zustellung zu erfolgen hat und dass Sie durch den Kläger vorzunehmen sind. Hier ist § 1608(a) FSIA anwendbar, sodass der Kläger einen Brief an das Bundesamt für Justiz mit der Klage und der Vorladung zustellen müsste. Ausnahmen gibt es in diesem Fall nicht, wie das Gericht in derselben Entscheidung ebenfalls festgestellt hat. Ob der Kläger dazu bereit ist, ist zu diesem Zeitpunkt ebenfalls völlig offen.

Für den Fall, dass der Kläger eine Zustellung erreicht, hängt von der Antwort Deutschlands nach unserem Verständnis im Verhältnis zum Ton des Urteils alles ab, ob das amerikanische Gericht die größtmögliche Anonymität (die für den Kläger möglich ist) gewährleistet und damit einen wohl einmaligen Fall in der amerikanischen Prozessrechtsgeschichte schafft.

Gründe dafür, dass Deutschland zustimmt, dass John Doe nicht einmal dem Gericht seine Identität offenbaren muss, sind, dass die Regierung Whistleblower vor Verfolgung schützen möchte und dass Whistleblower weltweit sehen, dass es Anreize für sie gibt sich persönlichen Risiken auszusetzen, um Staaten und Organisationen mit wichtigen Informationen bzgl. unlauterem Handeln anderer zu informieren. Allerdings muss auch klar gesagt werden, dass Deutschland auf diesem Wege selbst wohl nicht überprüfen kann, wie glaubwürdig die Person des Klägers ist. Selbst im Fall, dass die Geschichte des Klägers sämtlich der Wahrheit entspricht und es einen Deal mit Deutschland gegeben hat, der nicht eingehalten wurde, so kann es sich beim Kläger immer noch um einen Betrüger handeln, der durch illegale Handlungen an die Informationen gekommen ist und diese nun ausnutzen will.

Jedenfalls handelt es sich um einen spannenden Fall, sowohl rechtshistorisch als auch um einen kleinen Einblick in das amerikanische Prozessrecht zu gewähren.

Author: Hendrik Boedewig

First Published:

Want to know more, grab a coffee or book a free initial consultation? Let us know!
Contact
Free consultation

Thank you.

Your message was received.
We’ll get back to you soon.

Ok

Roche Legal, PLLC

Munich

Alexandre Leturgez-Coïaniz, Esq., LL.M.

Daniel B. Koburger, Esq., LL.M.

Côme Laffay, Esq., LL.M.